In Japan ist durch Zerbrechlichkeit eine Kunstform entstanden. Sie wird Kintsugi genannt: Gefäße werden mit Gold repariert und werden dadurch einzigartig schön.
Die Bibel nimmt dieses Bild auf: „Wir tragen diesen Schatz aber in zerbrechlichen Gefäßen. So soll deutlich werden, dass unsere übergroße Kraft von Gott kommt und nicht aus uns selbst.“ 1. Korinther 4,7 (BasisBibel). So hat unsere Zerbrechlichkeit auch hilfreiche Facetten: Sie eignet sich, Gottes große Kraft zu beherbergen, und sie macht uns auf einzigartige Weise schön.
Diese Sichtweise ist eine Herausforderung angesichts von Krankheit und Schmerz, Krieg und Zerstörung, Verletzungen und Enttäuschungen, Abschied und Tod. Sie fordert uns heraus, wahrzunehmen, dass Zerbrechlichkeit zu unserem Leben gehört wie Atmen, Trinken, Essen und Schlafen. Zerbrechlichkeit ist lebenswichtig. Die Natur zeigt uns das, mit dem Kreislauf der Jahreszeiten. Auch uns Menschen würde es ohne Zerbrechlichkeit an Lebendigkeit fehlen. Wir würden mit anderen nicht mitfühlen, uns nicht für sie öffnen, nicht berührbar sein. Es gäbe keine Solidarität, kein Engagement, keine politischen und sozialen Veränderungen in der Welt. Zerbrechlichkeit macht fein, macht zart, macht schön.
Die Frage ist, wie gehe ich mit meiner und fremder Zerbrechlichkeit um, und welche Heilkraft wünsche ich mir darin? Als Jesus am Kreuz leiblich und seelisch zerbrochen wird, überschreitet Gott in seiner Zerbrechlichkeit die Grenzen unseres irdischen Seins. So lässt er uns erfahren, dass in unserer Begrenztheit etwas Unbegrenztes lebt – Gottes Kraft als Schatz. Zugespitzt formuliert: Die Zerbrechlichkeit ist Gottes bevorzugter Wohnort! Wenn ich das wahrnehme, kann Neues wachsen: Ich werde behutsam mit mir, mit anderen, mit der Welt. Ich suche nach dem, was Kraft und Heilung in der Zerbrechlichkeit schenkt. Ich erahne den großen Schatz, der in aller Zerbrechlichkeit liegt. Ich umarme und segne die Zerbrechlichkeit und richte mich aus auf das, was darin, dahinter und darüber hinaus aufscheint: Gottes Gegenwart, über die Grenze dieser Existenz hinaus!
Anleitung zur Stille
Ich setze mich an einen stillen Platz und betrachte einige Minuten das Logo. Was berührt es in mir? Anschließend lese ich den Bibelvers.
Ich nehme mir meine Zeit zur Stille. Entweder gehe ich in meine gewohnte Übung oder ich suche mir EIN Wort aus dem Bibelvers. Dieses wiederhole ich inwendig, ohne es zu bedenken und bleibe die ganze Woche bei diesem Wort.
Zum Segen lege ich die Arme um mich.
Segen
Ich umarme
in mir, in anderen und in der Welt
das Starke und das Schwache
das Gesunde und das Kranke
das Heilgebliebene und das Zerbrochene
das Junggebliebene und das Altgewordene
das Geliebte und das Ungeliebte
die Ruhe und die Unruhe
das Vertrauen und die Angst
das Gelingen und das Misslingen
den Glauben und den Unglauben
das Helle und das Dunkle.
Ich finde Dich, mein Gott,
in diesem inneren Raum der Stille
in dem du selbst in mir wohnst
dort bin ich frei, heil und ganz
ursprünglich und authentisch
rein und klar, geliebt und daheim.
So segne uns mit deiner übergroßen Kraft.
Amen
(frei nach Jan Frerichs ofs – ordo franciscanus saecularis, Orden der franziskanischen Weltleute)
Karin Thomas ist Gemeindereferentin GpA in der Evangelischen Kirchengemeinde Holpe-Morsbach, geistliche Begleiterin und Lebensberaterin (BI). Juliane Opiolla ist Pfarrerin, geistliche Begleiterin und Kontemplationsbegleiterin EKiR.
Projekt Fastenzeit 2023
Alle Texte gibt es unter projektfastenzeit.org
www.ekagger.de | jth | Text: Karin Thomas und Juliane Opiolla. Grafik: Volker Hassenpflug