In der Kirche und im Gemeindehaus Lantenbach - dem Gemeindezentrum - haben sich viele Menschen lange Jahre zu Hause gefühlt und engagiert. Jetzt hat die Evangelische Kirchengemeinde Lieberhausen ihr Gemeindezentrum in Gummersbach-Lantenbach nach langen Überlegungen entwidmet.
Wie emotional die Verbindung zwischen Mensch, Kirchraum und Botschaft sein kann, zeigte sich im innigen und bewegenden Abschiedsgottesdienst, den die Gemeinde zukunftsweisend in Lantenbach und dann in der Bunten Kirche in Lieberhausen feierte. Mobil und flexibel: Mit einem Shuttlebus fuhren die rund 90 Besucherinnen und Besucher zwischen den Kirchen hin und her. Mit Gebet und dann in Stille trugen die Küsterin und einige Gemeindeglieder Kerzen, Paramente, Abendmahlsgeschirr, die Taufschale und Gesangbücher nach draußen. Am Vorabend hatte Prädikant Christoph Fischle zum letzten Mal einen Abendmahlsgottesdienst in Lantenbach gefeiert.
Die Predigt zur Entwidmung und zum Erntedank hielt Superintendent Michael Braun über den steten Wechsel von Anfang und Ende und Anfang, wie er schon in der Bibel beschrieben wird. Pastor Stefan Nix leitete den Gottesdienst.
Meine Zeit steht in deinen Händen
Wegen des Sturms gab es während des Gottesdienstes in Lieberhausen keinen Strom, es regnete in Strömen und in der Kirche war es bis auf die Kerzen in den Bankreihen ziemlich dunkel. Die Kerzen schufen eine besondere Atmosphäre, auch der Gesang ohne Orgel. Zum Schluss hatte jemand ein Keyboard mit Batterien besorgt, so dass der Organist sein Ausgangstück spielen konnte.
Beim Lied „Meine Zeit steht in deinen Händen“ wurde erst nur mitgesummt, bis zum Schluss die ganze Gemeinde mit einstimmte. Und beim Segen ging das Licht dann wieder an. Pastor Stefan Nix: "Das war so ein gewisser Gänsehautmoment."
Gemeindehaus in Lieberhausen wird erneuert
Die Kirche in Lantenbach war 1958 gebaut worden, nachdem die Kirchengemeinde durch den Zuzug vieler Heimatvertriebener stark gewachsen war. 1986 wurde die Kirche durch einen großen Umbau zu einem Gemeindezentrum erweitert. Das Presbyterium hat sich nach langer und intensiver Beratung beschlossen, das Gemeindezentrum in Lantenbach zu schließen und dafür das Gemeindehaus im Ortskern von Lieberhausen, in der alten Volksschule am Kirchplatz, zu renovieren und zu erneuern. "Lieber einmal gut und schön als zweimal nicht so gut", sei ein Gedanke gewesen, zumal Lantenbach und Lieberhausen nahe beieinander liegen.
Neunmal ist Superintendent Michael Braun schon mit Freunden aus seiner alten friesischen Heimat von Lantenbach nach Lieberhausen hochgewandert, gleichsam als Test und Herausforderung. Und wenn die "Flachländer" den Aufstieg vom Strandbad Bruch aus ohne Sauerstoff und ohne Seilzeug geschafft hatten, dann gab es zur Belohnung einen Besuch in der "wunderbaren Bunten Kirche" und nebenan einen Kaffee. "Der Rückweg geht dann immer fast wie von selbst."
Kraft und Sinn fürs Leben finden
Superintendent Braun benannte in seiner Predigt den Kern des Gemeindelebens: "Wir wollen nicht in Steine und Gebäude investieren, sondern Gemeinschaft ermöglichen, auch zukünftig, und wenn man bemerkt, dass man das an zwei Orten, die so dicht beieinander liegen, nicht mehr kann, dann gilt es, etwas Neues zu erproben. Und darum geht es heute. Ich bitte Sie sehr um Ihren Segen für diesen Weg."
Kirche wolle an jedem neuen Tag wieder neu den Glauben an Gott ins Gespräch bringen. Sie wolle Türen öffnen, damit Menschen aus dem Glauben Kraft und Sinn für ihr Leben finden. Michael Braun: "Das ist unsere eigentliche, das ist unsere einzige Aufgabe." Kirche sei Kirche, wenn sie ein Treffpunkt für Menschen sei und Gemeinschaft fördere.
Nach dem Gottesdienst genoss die Gemeinde in großer Gemeinschaft eine stärkende Bergische Kartoffelsuppe. Beim Empfang im Gemeindehaus in Lieberhausen gab es tröstende Grußworte von der ehemaligen Pfarrerin Christa Wülfing und von Jürgen Marquardt, stellvertretender Bürgermeister von Gummersbach und Vorsitzender des Fördervereins Bonte Kerke Lieberhausen e. V. Marquardt wohnt selbst in Lantenbach und sprach sich und der Gemeinde berechtigte Zuversicht zu und den Mut, "den neuen Weg beherzt zu gehen".
wwwekagger.de | jth | Fotos: Annika Hirsch / Stefan Nix