Dr. Thorsten Latzel wird der nächste Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die Landessynode wählte den 50-jährigen Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt an die Spitze der Kirche, zu der zwischen Niederrhein und Saarland rund 2,4 Millionen Menschen gehören. Er tritt die Nachfolge von Manfred Rekowski an, der im März nach achtjähriger Amtszeit in den Ruhestand geht. Der neue Präses wird am 20. März 2021 in sein Amt eingeführt.
Der Kirchenkreis An der Agger gratuliert Thorsten Latzel herzlich zur Wahl. Superintendent Michael Braun lobte die "überzeugende Vorstellung mit vielen Impulsen für eine starke rheinische Kirche". Thorsten Latzel habe in den Vorstellungen und in der Fragerunde sehr gute Detailkenntnisse bewiesen von der rheinischen Art und der rheinischen Kirche. "Wir freuen uns auf seinen ersten Besuch im Oberbergischen Land." Vier Oberberger vertreten den Kirchenkreis An der Agger bei der erstmals digital tagenden Landessynode: Neben Michael Braun sind das Ekkehard Giehl, Pfarrer Michael Kalisch und Stephanie Schönborn.
Schon im ersten Wahlgang setzte sich Thorsten Latzel mit 113 Stimmen gegen seine Mitbewerberin und seinen Mitbewerber durch: Almut van Niekerk, Superintendentin des Kirchenkreises An Sieg und Rhein, erhielt 57 Stimmen. Auf Professor Dr. Reiner Knieling, Leiter des Gemeindekollegs der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) in Neudietendorf, entfielen 17 Stimmen.
Konsequent von den Menschen her denken
Kirche müsse konsequent von den Menschen her denken, hatte Latzel in seiner Vorstellungsrede vor den Abgeordneten aus den 37 rheinischen Kirchenkreisen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland gesagt. Es gehe nicht um die Frage „Wie kommen die Leute zu unseren Angeboten?“, sondern: „Was können wir tun, um Menschen in ihrem Leben und Glauben zu stärken? Dazu müssen wir sie fragen: persönlich, zu Hause. Und wir sollten mit den 20- bis 40-Jährigen anfangen.“
Kirche muss Ort der Hoffnung für die Welt sein
Die Gesellschaft stehe vor immensen Aufgaben, so Latzel. Er nannte als Beispiele die Zerstörung der Umwelt, Gewalt und Ungerechtigkeit sowie antidemokratische Kräfte, gegen die die offene Gesellschaft gestärkt werden müsse. „Als Christinnen und Christen haben wir auf all das keine einfachen Antworten. Aber wir haben eine andere Perspektive: eine Perspektive der Hoffnung. Wir glauben an einen Gott, der die Welt in seinen Händen hält und der vom Tod auferweckt. Wir leben aus der unbedingten Liebe Christi, die uns auch mit Feinden anders umgehen lässt. Und wir haben die verwegene Hoffnung, dass Gottes Geist diese Welt zu einem guten Ende führen wird.“
Aufgabe der Kirche sei es, Ort der Hoffnung für die Welt zu sein: „Unsere Aufgabe ist es, die zu werden, die wir immer schon sind: Kirche Jesu Christi. Eine welt- und zukunftsoffene Gemeinschaft mit einem freien Glauben. Eine Kirche, die nicht versucht, überall alles zu sein, aber: Salz der Erde und Licht der Welt. Eine Kirche, die mit ihren eigenen Ressourcen ebenso haushält wie mit der uns anvertrauten Schöpfung. Eine Kirche, die den Nöten unserer Gesellschaft begegnet, indem sie heilsam Gott zur Sprache bringt. Und eine Kirche, die sich selbst immer wieder davon überraschen lässt, was Gott noch Großes mit uns vorhat.“
Wöchentlicher Blog "glauben-denken.de"
Dr. Thorsten Latzel ist seit 2013 Direktor der Evangelischen Akademie Frankfurt, die 2017 umgebaut und neu aufgestellt wurde. Von 2005 bis 2012 hatte Latzel als Oberkirchenrat das Referat „Studien- und Planungsfragen“ im EKD-Kirchenamt inne und leitete das Projektbüro Reformprozess. Er war unter anderem zuständig für die EKD-Kirchen-mitgliedschaftsuntersuchungen, die Reformzentren und Kirche in der Fläche.
Davor war Latzel als Pfarrer in Erlensee-Langendiebach (Kurhessen-Waldeck) tätig. Aufgewachsen in Bad Laasphe, studierte er Theologie in Marburg und Heidelberg. Der 50-Jährige ist unter anderem Mitglied der Bildungskammer der EKD. Im Blog „glauben-denken.de“ veröffentlicht er wöchentlich theologische Impulse. Thorsten Latzel ist verheiratet und hat drei Kinder.
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Dr. Latzel nimmt die Wahl an: "Ich freue mich sehr, wenn ich Sie bald persönlich kennenlernen kann."
Stichwort: Rheinische Präsides seit 1948
Erster Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland nach dem Zweiten Weltkrieg war Heinrich Held (1948 bis 1957). Auf ihn folgten: Joachim Beckmann (1958 bis 1971), Karl Immer (1971 bis 1981), Gerhard Brandt (1981 bis 1989), Peter Beier (1989 bis 1996), Manfred Kock (1997 bis 2003), Nikolaus Schneider (2003 bis 2013) und Manfred Rekowski (2013 bis 2021). Manfred Kock und Nikolaus Schneider waren zudem Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
www.ekagger.de | jth | Foto: ekir.de, Screenshot: Kirchenkreis An der Agger/J. Thies