Marienhagener Glocken werden gegossen

| Kirchenkreis

Weil die alten Eisenglocken von 1924 marode waren, hat die Kirchengemeinde Marienhagen-Drespe drei neue Glocken gießen lassen

Als sich die 1100 Grad heiße Glockenbronze aus dem Schmelzofen ergießt, sind alle mucksmäuschenstill. Hans-Martin Rincker, Chef der "Rincker Glocken- und Kunstgießerei" im hessischen Sinn, hatte um Stille gebeten: "Wir haben nur unsere Ohren und unsere Füße, um zu spüren, ob der Guss klappt." Mit den Füßen erspüren die Gießer an der Vibration des Bodens, ob die Bronze gleichmäßig verläuft. 

Der Guss der drei neuen Glocken für die evangelische Kirche in Marienhagen klappt einwandfrei, alle können es sehen. Ein ZDF-Kamerateam filmt das junge Team um Christian Rincker, den nächsten Chef des traditionsreichen Familienunternehmens, für die nächste "Drehscheibe"-Sendung.

Ein kurzes Gebet vor dem Guss

Als Pfarrer Achim Schneider vor dem Guss ein Gebet spricht, ist die gesamte Belegschaft der Firma dabei. Das Glockengießen ist immer noch jedes Mal etwas Besonderes. Pfarrer Schneider betet dafür, dass sich viele Jahrhunderte lang die Menschen von diesen Glocken zum Gebet und zum Gottesdienst rufen lassen. "Und dass wir uns diesem Ruf nicht versagen." 

Beim Gießen ist auch eine Gruppe aus der Kirchengemeinde Marienhagen-Drespe dabei, darunter Alt-Superintendent Jürgen Knabe. Horst Rau hat die Gruppe mit dem Gemeindebus hergefahren. Zwei Tage vorher hat er noch Notfallseelsorger ins Hochwassergebiet nach Erftstadt gebracht. Die neuen Glocken sind seine Herzensangelegenheit, er kümmert sich als Presbyter um Finanzierung, Organisation und Spendenakquise. 

Es ist Freitagnachmittag, fast 15 Uhr, die Todesstunde Jesu.  Hans-Martin Rincker erzählt: "Mein Vater hat immer gesagt: Wir bei Rincker gießen unsere Glocken zur Todesstunde Jesu." Das habe den Kunden gut gefallen, andere Gießereien hätten das dann nachgemacht. "Und so ist das Gerücht entstanden, das man im Internet oft findet, dass alle Gießereien das schon immer so gehalten haben."

"Folge mir nach!"

Bei 444 Grad wird die Bronze langsam fest werden. In vier Tagen graben die Gießer vorsichtig die kleinste 190-Kilo-Glocke zuerst aus. Die größeren Glocken mit 853 Kilo und 1439 Kilo sind in vierzehn Tagen soweit. Dann wird auch sichtbar werden, ob der Guss der Glockenkronen und der Inschriften perfekt geklappt hat. "Fürchte Dich nicht, denn ich habe Dich erlöst" (Jesaja 43,1), steht auf der großen Glocke, "Die Gnade des Herrn Jesu sei mit allen" (Offenbarung 22,21) auf der mittleren, der Toten- und Auferstehungsglocke. Die kleine Glocke wird die Inschrift tragen: "Folge mir nach!" (Lukas 5,27). Damit bringt sie den Ruf der Evangelien zum Klingen.  Der Dreiklang der Glocken in der Bunten Kirche soll dann im Herbst erstmals zu hören sein. 

Der Ruf der Glocken kann sehr kraftvoll und bedeutsam sein. Das wird am Abend deutlich, als um 18 Uhr landesweit die Glocken in evangelischen und katholischen Kirchen läuten. Sie rufen zum Gebet für die Hochwasseropfer nach dem Starkregen vom 14. Juli auf.  

Für die Kirchengemeinde Marienhagen-Drespe ist das Glockenprojekt ein Jahrhundert-Ereignis; die Spendenbereitschaft ist enorm, bisher sind 80.000 Euro an Spenden zusammengekommen.  Insgesamt liegen die Kosten bei 310.000 Euro.  

 

Aus dem Archiv: Ein Jahrhundertereignis: drei neue Glocken für die Marienhagener Kirche

 

Video vom Guss auf Facebook

 

Spendenkonto

Geldinstitut:               Volksbank Oberberg eG   

Konto:                         IBAN: DE94 3846 2135 0033 3330 13

Empfänger:                 Ev. Kirchengemeinde Marienhagen-Drespe

Verwendungszweck:   Glockenspende

 

www.ekagger.de | jth | Text: Judith Thies | Fotos und Video: Kirchenkreis An der Agger / J. Thies 

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Nach dem Guss sind alle erleichtert: die Oberberger und Firmenchef Hans-Martin Rincker (4.v.re.), ein Mann mit gezwirbeltem Schnurrbart und Entertainer-Qualitäten. Er führt das traditionsreiche Familienunternehmen mit seinem Bruder.
Vor dem Guss hat Pfarrer Achim Schneider (re.) gebetet. Jetzt läuft die Bronze, jetzt läuft alles.
Drei Glocken für Marienhagen werden gegossen und eine weitere Glocke für die Kirchengemeinde in Taucha bei Leipzig.
Es raucht und es riecht. Firmenchef Rincker kann Metalle am Geruch erkennen.
Hans-Martin Rincker verspricht, dass die Glocken die Töne genau so haben werden wie bestellt: Die große Glocke hat den Ton e', die mittlere den Ton a', die kleine den Ton g''. "Von diesem Dreiklang wird das Leben der Christen, unser Glaube, in Zeit und Ewigkeit getragen", so Pfarrer Schneider im Gemeindebrief. Wie die Firma das schafft, die Töne so genau festzulegen? Da lacht der Gießerei-Chef: "Das ist unser Geheimnis."