Vom Geheimnis der Verbundenheit
Wir leben in sehr herausfordernden Zeiten. Unsere Kirchengemeinden beschäftigt derzeit – abgesehen von Corona – vor allem der Klimawandel und der Umgang mit den zurückgehenden finanziellen und personellen Möglichkeiten der Gemeinden.
Beide Herausforderungen haben etwas gemeinsam: Bei beiden geht es um die Erfahrung des Miteinander-verbunden-Seins.
Im Blick auf die Klimaveränderungen sehen wir: Ein gerodeter Regenwald in Brasilien hat Einfluss auf die Klima- und Wetterverhältnisse in Deutschland. Der Plastikmüll, den wir in ferne Länder exportieren, landet irgendwann doch in Form von kleinen Mikropartikeln in unserem Körper.
Mit dem Blick auf das Klima sehen wir gerade voller Schrecken die zerstörerische Wirkung, wenn wir dieses Verbunden- Sein aus dem Blick verlieren.
Gleichzeitig sind oft die Momente besonders kostbar, in denen wir diese Verbundenheit erspüren – etwa beim Streicheln eines Hundefells, beim Betrachten eines Sonnenaufgangs oder beim Ernten der eigenen Tomaten.
Alles hängt zusammen. Alles ist verbunden
Die Erfahrung von Verbunden-Sein kann eine heilsame Wirkung haben. Das gilt für die Verbundenheit mit anderen Menschen, mit der Natur – und nicht zuletzt auch für die Verbundenheit mit Gott.
Mose hat eine Begegnung mit Gott, als er beim Schafehüten in der Einöde einen brennenden Dornbusch entdeckt.
Bei dieser Begegnung gibt Gott ihm seinen Namen preis: JHWH – ein Name, der so schillernd ist, dass man ihn nicht eindeutig übersetzen kann und die Juden ihn aus Ehrfurcht gar nicht erst aussprechen. „JHWH“ heißt so viel wie „Ich bin, der ich bin“ oder: „Ich bin für dich da“.
Jeder Atemzug ist ein Gebet
Der Franziskaner Richard Rohr hat entdeckt, dass der Gottesname dem Geräusch des Ein- und Ausatmens ähnlich ist. Das bedeutet: Jedes Mal, wenn ich atme, spreche ich den Namen Gottes aus. Jeder Atemzug ist ein Gebet.
Aus dieser Erfahrung von Nähe bekommt Mose die Kraft, sein Volk in die Freiheit zu führen und neue Wege zu gehen.
So nah wie der eigene Atem
Diese Kraftquelle der Verbundenheit mit Gott brauchen wir auch heute. Und ich wünsche mir, dass Kirche ein Raum ist, in dem sich diese Verbundenheit entdecken und erfahren lässt. Ich wünsche mir, dass Kirche nicht nur der Ort ist, an dem wir die Speisekarte vorlesen, sondern auch der Ort, an dem wir die Gegenwart Gottes schmecken, spüren und erfahren können. Ein Ort, der uns hilft, die brennenden Dornbüsche im eigenen Alltag zu entdecken. Ein Ort, der uns daran erinnert, dass wir auf wunderbare Art verbunden sind – mit unseren Mitmenschen, der Natur und mit Gott, der uns so nah ist wie der eigene Atem.
www.ekagger.de | jth | Foto: Kirchenkreis An der Agger/Vera Marzinski