BERGNEUSTADT Zentrale Gedenkfeier zum Volkstrauertag: Für den Frieden werben

| Bildung & öffentliche Verantwortung

Im Gedenken an die Toten der Weltkriege geht es auch immer um Dankbarkeit für die langen Friedenszeit, in der wir leben - und um den fragilen Frieden überall in der Welt. In Bergneustadt gestaltete Pfarrer Dietrich Schüttler das Gedenken auf dem Zentralfriedhof mit. 

Die Andacht auf der zentralen Trauerfeier zum Volkstrauertag hielt Dietrich Schüttler, Pfarrer der Impulskirchengemeinde Lieberhausen-Bergneustadt. Ganz aktuell brachter er die Friedensschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland ins Gespräch. 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Lehre aus zahllosen Kriegen und Feindseligkeiten muss das immer wieder neue Ringen um Frieden sein. Dieses Ringen kann geleitet sein von einer christlichen Ethik des Friedens, die besonders auf biblischem Fundament steht. Vor sechs Tagen wurde auf der Synode der Ev. Kirche in Deutschland in Dresden eine Friedensdenkschrift vorgestellt. Sie trägt den Titel: „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick. Evangelische Friedensethik angesichts neuer Herausforderungen“. 

Eine Denkschrift versteht sich als Orientierungshilfe für zentrale Themen unserer Zeit. „Es geht um friedensethische Güterabwägungen in Bezug auf konventionelle und nukleare Abschreckung, um Waffenlieferungen, um Wehr- und Dienstpflicht, um die Herausforderungen hybrider Kriegsführung und Terrorismus.“ Alles lesenswert, aber zu weitgehend, um es hier auszubreiten. In den Mittelpunkt wird das Konzept eines Gerechten Friedens gestellt. Es heißt: „Gerechter Friede stellt einen Prozess dar, in dem Gewalt ab- und Gerechtigkeit zunimmt. Der Gerechte Friede entfaltet sich in vier Dimensionen: Schutz vor Gewalt, Förderung von Freiheit, Abbau von Ungleichheiten und dem friedensfördernden Umgang mit Pluralität.“ Weiter heißt es: „Die Kirche spricht von Hoffnung. Die Kirche ist keine politische Entscheidungsinstanz, aber sie begleitet das öffentliche Ringen um Orientierung mit theologischer Stimme. Sie bringt das Evangelium als Perspektive der Hoffnung ins Gespräch: nicht als fertige Lösung, sondern als Einladung zum verantwortlichen Handeln.“

Das Evangelium von der Liebe Gottes, die uns in Jesus Christus erschienen ist, als Perspektive der Hoffnung. Was können wir Einzelnen nun jenseits von politischem Handeln, von Denkschriften und friedensethischen Konzepten tun? Was kann verantwortliches Handeln sein? Was ist Menschen möglich? 

Gott gibt uns Orientierung, Orientierung in seinem Sohn. Im Matthäusevangelium lesen wir im fünften Kapitel über Jesus: „Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg. Und er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach.“ - Jesus sieht die Menschen an. Er sieht ihre fragenden Blicke, ihr Verlangen nach Orientierung. Was sollen wir tun? Und dann sagt er es ihnen und uns, dann folgen die so genannten Seligpreisungen, unter ihnen eben auch diese:

„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ 

Frieden stiften. Das griechische Wort, das Jesus hier verwendet, meint: die Frieden Schaffenden sein. Also solche, die aktiv für den Frieden sorgen, Frieden „machen“. Die Seligpreisungen sind nicht in Worte gegossenes Wunschdenken, kein Idealbild. Dieses Wort will uns nicht als Zuschauende oder Fernbleibende. Jesus mutet uns etwas zu, spricht uns Mut zum Frieden-Schaffen zu. Ihr könnt das. Ich traue euch das zu, Menschen des Friedens zu werden, zu sein. In eurem Leben. Mittendrin und am Rande, egal. Das ist dann nicht weniger als ein Aufruf zur Umkehr, zur Änderung. Wie schon der Beter des 34. Psalms sprach: „Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!“ Wie kann das aussehen? Suche, die Ursache eines Konflikts zu bereinigen. Frage auch danach, was dein Gegenüber braucht. Sorge für gerechte Lösungen, mit denen jede Seite in Freiheit leben kann. Lebe versöhnt in aller Verschiedenheit der Beteiligten. Friedlich und gerecht.

Dazu spricht uns Jesus Mut zu. Er selbst, der so genannte „Friedefürst“. Er, der selbst in seinem Tod und seiner Auferstehung unser Weg zum Frieden mit Gott und zu ewiger Gemeinschaft mit Gott in seinem Reich des Friedens geworden ist. 

Und er sagt: Wer so verantwortlich Frieden schafft, der wird selig sein, d.h. bei Gott Heil erfahren. „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ 

An dieser Stelle heute ein persönliches Wort. In diesen Tagen werden meine Frau und ich zum ersten Mal Großeltern. Unsere älteste Tochter bringt ein – hoffentlich gesundes – Kind zur Welt. Wie vieles geht mir da durch den Kopf beim Thema Frieden, was empfinde ich da gerade am heutigen Volkstrauertag? 

Vor allem denke ich: Kein Kind hat es verdient, in eine unfriedliche Welt hineingeboren zu werden. Kein Kind kann etwas für den aktuellen Lauf der Geschichte oder die Region seines Zurweltkommens. Wie unterschiedlich sind die Chancen, in dieser Welt aufzuwachsen! Ich selbst, Jahrgang 1961, habe die so genannte „Gnade der späten Geburt“ erfahren, d.h. bin ohne Krieg im Wohlstand aufgewachsen. Meinereins ging und geht es gut. Aber geht es so weiter für uns? Vieles verändert sich zusehends – und mehr, als uns lieb ist. Und wir wissen im Grunde: Unsere Kinder und Enkelkinder haben ein Recht auf ein geschütztes, sicheres und gesundes Aufwachsen in einer Welt, in der Konflikte gewaltlos gelöst werden. Dafür haben wir, nicht: irgendjemand, nein: wir Sorge zu tragen, jeder und jede im eigenen Zuständigkeitsbereich.

Und schließlich: Wir alle, gleich welchen Alters, sind ja Kinder. Nicht nur Kinder unserer Eltern, in unserer Herkunftsfamilie. Auch Kinder eines Vaters, dessen Liebe zu uns ewig ist, in unserer „Zukunftsfamilie“. Seine Liebe will kein Gegeneinander. Sein Wille ist Frieden, ist ein Umgang in Nächstenliebe. Es wird Gott gefallen, wenn wir Frieden schaffen. Wir spiegeln ja dann die Liebe unseres himmlischen Vaters wider und werden bei ihm mit Fug und Recht seine Kinder genannt. Darum sagt Jesus: „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Amen."

Veranstalter der Gedenkfeier waren der Kreisverband und der Ortsverband Bergneustadt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. 

www.ekagger.de | jth | Fotos: Thies 

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Auf dem Zentralfriedhof fand das Gedenken mit Landrat Klaus Grootens statt.
Pfarrer Dietrich Schüttler sprach über die Seligpreisen Jesu in der Bergpredigt (Matthäus 5): Selig sind die Friedenschaffenden.