Frauen auf der Kanzel – heutzutage ist das in der evangelischen Kirche im Rheinland ein gewohntes Bild. Das war nicht immer so. Die evangelische Theologie war lange Zeit ein reines Männerunternehmen. Frauen haben im Pfarramt nichts zu suchen, lautete die weitverbreitete Meinung. Es dauerte fast fünfzig Jahre, bis Frauen mit voller theologischer Ausbildung die gleiche Arbeit unter gleichen Bedingungen wie die Männer tun durften. Fast ungläubig schüttelt man heute den Kopf darüber, dass das mal fraglich war. Erst vor 50 Jahren, im Januar 1975, beschloss die damalige Landessynode die volle rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern im Pfarrdienst.
Bis dahin hatten Theologinnen gegen eine ganze Reihe von Widerständen und Vorurteilen in der Amtskirche und bei ihren männlichen Kollegen zu kämpfen. Sie verdienten lange Zeit weniger als ihre männlichen Kollegen, und wenn sie heirateten, mussten sie ihren Beruf aufgeben. Der erbitterte Widerstand der Amtskirche, aber auch der Gemeinden, sorgte dafür, dass das Pfarramt nur in winzigen Schritten und vielen Abstufungen für Frauen geöffnet wurde. Die Benachteiligung begann schon bei der Ausbildung. Seit 1908 war in Preußen das Universitätsstudium für Frauen möglich, nicht jedoch das 1. Theologische Examen. Die Kirchen prüften damals nur Männer.
Auch nach 1975 waren noch Schritte zu gehen. Ganze Familien traten aus der Kirche aus, weil in ihrer Gemeinde eine Pfarrerin gewählt wurde. Angehörige weigerten sich, ihre Verstorbenen von einer Pfarrerin beerdigen zu lassen. Und es dauerte noch, bis Pfarrerinnen Leitungsfunktionen übernahmen. Erst 1992 wurde Hannelore Häusler als erste Superintendentin zur Leiterin eines rheinischen Kirchenkreises gewählt. Zurzeit gibt es in 37 Kirchenkreisen der rheinischen Kirche elf Superintendentinnen.
Um an die rechtliche Gleichstellung von Frauen im Pfarramt vor 50 Jahren zu erinnern, wurden an den vergangenen Wochenenden auf den Kreissynoden Fotos der Pfarrerinnen aufgenommen, auch im Kirchenkreis An der Agger. Hier gibt es 13 Pfarrerinnen in Gemeinden, in der Schule, in der Seelsorge und auf Kirchenkreisebene. Sie machen knapp ein Drittel der 36 Pfarrpersonen aus.
Pfarrerin Silke Molnár aus der Kirchengemeinde Oberbantenberg-Bielstein, erinnert an die desaströse Situation in Lettland. Vor zehn Jahren wurde die Frauenordination in Lettland zurückgenommen. Die amtierenden Frauen durfen weitermachen unter verschlechterten Bedingungen.
Vor zehn Jahren veröffentlichte die Evangelische Kirche im Rheinland eine Festschrift der rheinischen Kirche zu 40 Jahre Gleichstellung von Frauen und Männer im Pfarramt Die Ausstellung dazu wird jetzt wieder in einigen Kirchenkreisen, zum Beispiel Bonn und Altenkirchen, gezeigt.
www.ekagger.de | jth | Text: Pfarrer Detlef Kowalski (Superintendent Kirchenkreis Wied), jth | Foto: Kirchenkreis An der Agger/Vera Marzinski









