CHRISTLICH-JÜDISCHER DIALOG Michael Striss: "Nicht in meinem Namen, ÖRK!" (28.7.)

| Bildung & öffentliche Verantwortung

Pfarrer Michael Striss aus Wiehl ist Synodalbeauftragter des Kirchenkreises An der Agger für das Christlich-Jüdische Gespräch. Er schließt sich der Kritik von Präses Thorsten Latzel an der jüngsten Erklärung zu "Palästina und Israel" des Ökumenischen Rats der Kirchen an. Michael Strissist Mitunterzeichner der Stellungnahme „Nicht in meinem Namen!“  zur ÖRK-Erklärung. 

Die Evangelische Kirche im Rheinland hat in einem dreiseitigen Schreiben an die rheinischen Pfarrerinnen, Pfarrer und Gemeinden Stellung zur fortwährenden Gewalt in Israel und Palästina bezogen. Sie sei "in großer Sorge um die Menschen im Nahen Osten" und nehme "mit Entsetzen die katastrophale humanitäre Lage in Gaza wahr", heißt es in dem Papier.  Darin stellt sich die rheinische Kirche auch hinter Forderungen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und anderer Kirchen, dass schnell und ausreichend Nahrung, sauberes Trinkwasser und medizinische Hilfsgüter zu den notleidenden Menschen gelangen. Gleichzeitig kritisiert die EKiR die jüngste Erklärung zu Palästina und Israel" des Ökumenischen Rats der Kirchen.

Pfarrer Michael Striss aus Wiehl stimmt dieser Kritik des Präses an der Israelerklärung der Weltkirchenrats zu: "Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat in seiner jüngsten „Erklärung zu Palästina und Israel“ dem jüdischen Staat unter anderem „Apartheid“ und „Völkermord“ vorgeworfen. In der kirchlichen Öffentlichkeit haben die Auslassungen zu massivem Widerspruch geführt. Nun hat auch die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) eine Stellungnahme veröffentlicht, die Kritik am ÖRK übt. Das ist begrüßenswert und nötig. 

In der Stellungnahme der EKiR heißt es: „So verschweigt die Erklärung die massiven Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen, die die Hamas verübt hat und nach wie vor verübt. Immer noch befinden sich israelische Geiseln in den Händen der Terroristen. Die Erklärung verschweigt die existenzielle Bedrohung, der sich der Staat Israel ausgesetzt sieht und die sich unter anderem in regelmäßigem Raketenbeschuss und im Atomwaffenprogramm des Iran manifestiert. Und sie verschweigt die Aktivitäten autonomer palästinensischer Milizen in den Flüchtlingslagern, die auch eine Bedrohung auch für palästinensische Zivilisten darstellen.“ Auch die in diesem Zusammenhang absurden Begrifflichkeiten „Apartheid“ und „Völkermord“ werden von der EKiR zurückgewiesen.

Der ÖRK äußert sich nicht zum ersten Mal israelfeindlich und antizionistisch und folgt damit dem Beispiel linker, rechter und islamistischer Antisemiten. Gleichfalls macht sie sich in besagter Erklärung Boykottforderungen im Sinne der antiisraelischen BDS-Bewegung zu Eigen, die auf ein „Kauft nicht bei Juden!“ hinauslaufen. Der ÖRK klagt nicht die Mörderbanden an, die in unvorstellbarem Ausmaß geschändet und verstümmelt und das Baby Kfir Bibas mit bloßen Händen ermordet haben. Vielmehr greift er jene an, die solche unfassbare Barbarei nicht mehr hinnehmen. Dazu passt, wenn der derzeitige Vorsitzende des ÖRK, Heinrich Bedford-Strohm einen ausführlichen Post bei Facebook mit der Feststellung beendet, dass die Juden in aller Welt sich „wegen des Handelns der israelischen Regierung antisemitischen Angriffen ausgesetzt“ sähen. „Wegen“ – lässt das die Schlussfolgerung zu, die Juden seien wieder einmal „selbst schuld“ am Hass gegen sie?

Täter-Opfer-Umkehr

Der Weltkirchenrat muss sich fragen lassen, warum er mitten im Bonhoeffer-Jahr gerade nicht für die Juden schreit, sondern sich der Täter-Opfer-Umkehr anschließt. Ja, es gibt furchtbares Leid, auch in Israel und besonders in Gaza. Die dafür Verantwortlichen aber sind vor allem unter jenen zu suchen, die aus religiösen Gründen den Tod feiern und nicht eher ruhen wollen, bis Israel von der Landkarte getilgt ist. Sie könnten ansonsten das Leid noch heute beenden. Sollen diese etwa Partner für eine vom Westen erdachte „Zweistaatenlösung“ werden?

Das "Nie wieder" wehrhaft verteidigen

Wer erklärt Herrn Bedford-Strohm und dem Weltkirchenrat, dass die israelische Regierung nicht zum Sündenbock taugt, weil sie allen Demonstrationen zum Trotz vom Volk demokratisch gewählt wurde und in ihrem Vorgehen gegen die Hamas und den Iran von der Mehrheit der Israelis unterstützt wird? Wer erklärt ihm, dass der jüdische Staat sich um des eigenen Überlebens willen zur Wehr setzen muss? Wie kann man ausgerechnet Israel verübeln, das „Nie wieder“ wehrhaft zu verteidigen? Es ist der Gründungszweck dieses Staates.

Gleichwohl möchte der ÖRK in selbiger Erklärung darauf hinweisen, dass ihm die „unbedingte Solidarität mit Jüdinnen und Juden in aller Welt“ wichtig ist. Das allerdings ist nach den vorigen Auslassungen nicht mehr nachvollziehbar. Wer braucht noch Feinde, wenn er solche Freunde hat?"

Aus dem Archiv

ANDACHT Am Israel chai! - Das Volk Israel lebt. Von Michael Striss (ekagger.de, 20.10.2023) 

www.ekagger.de | jth | Text: Michael Striss | Foto: Michael Striss 

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Schule in Sderot nahe des Gaza-Streifens. Aufgenommen wurde das Foto 2018. Die Stadt Sderot wurde beim Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 weitgehend zerstört.
Mit jungen Angehörigen der Israel Defense Forces bei der Ausgabe der Tafel nahe Tel Aviv. Die Fotos entstanden 2018 Fotos: Michael Striss