Der starke Kirchenkreis An der Agger wird einen starken Superintendenten bekommen, wenn im November ein neuer hauptamtlicher Nachfolger von Superintendent Jürgen Knabe gewählt wird. Alle vier Bewerbungen stießen auf großes Interesse und Zustimmung auf der Sommersynode des Kirchenkreises. Pfarrer Ralf-Andreas Kliesch, Vorsitzender des Nominierungsausschusses, präsentierte die vier Bewerber per Beamer-Präsentation in alphabetischer Reihenfolge.
Beworben haben sich Michael Braun, Kreispfarrer (Superintendent) im Kirchenkreis Oldenburger Münsterland, Michael Kalisch (Pfarrer der Kirchengemeinde Wiedenest), Thomas Seibel (Pfarrer der Kirchengemeinde Waldbröl) und Sven Waske, Oberkirchenrat und Internetbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Viele Gäste waren zur öffentlich tagenden Synode ins Nümbrechter Gemeindehaus gekommen, um zu hören, wie es im nächsten Jahr personell an der Spitze des Kirchenkreises weitergeht. Um 20.30 Uhr trat Ralf-Andreas Kliesch ans Rednerpult, um zum „sicherlich mit der größten Spannung erwarteten Tagesordnungspunkt“ zu kommen.
"Wir können uns alle vier sehr gut vorstellen"
Michael Braun, Jahrgang 1969, war Gemeindepfarrer in den Gemeinden Löningen und Lohne, bevor er 2004 zum Kreispfarrer (Superintendent) gewählt wurde. Er sieht im Kirchenkreis An der Agger einen aktiven Kirchenkreis mit starken Gemeinden und möchte Glaube in Gemeinschaft vielfältig erleben.
Der 51-jährige Michael Kalisch ist seit 17 Jahren Pfarrer in Bergneustadt-Wiedenest, er möchte Wandel anstoßen und begleiten und die Gemeinschaft unter den Gemeinden sowie mit den funktionalen Diensten fördern. Er ist geistlicher Begleiter und Meditationsbegleiter. Mit Freude und Leidenschaft möchte er den Kirchenkreis präsentieren.
Thomas Seibel, seit 1997 Pfarrer in Waldbröl, möchte in einer spannenden kirchlichen Situation Verantwortung zum Mitgestalten übernehmen, geistliche Vielfalt fördern und bewahren sowie Gemeinden und Funktionspfarrstellen in ihren Kompetenzen stärken. Er ist Synodalbeauftragter für Ökumene, Kirchentag und Aussiedler und Gottesdienstcoach.
Sven Waske war von 2002 bis 2010 in der Kirchengemeinden Euskirchen im Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel tätig, bevor er 2010 zur Evangelischen Kirche in Deutschland nach Hannover wechselte. Wichtig für eine Kirche im Umbruch ist für ihn eine Gemeinschaft, die weiter reicht als der eigene Kirchturm – als kritisches Gegenüber und für hilfreiche Unterstützung, zum gemeinsamen Engagement und mit geschwisterlichem Rat.
Mit allen vier Kandidaten haben die Mitglieder des Nominierungsausschusses im Mai Gespräche über theologische, strategische und persönliche Fragen geführt. Nach den Gesprächen könne er sagen, betonte Ralf-Andreas Kliesch, „dass alle sehr gute Qualitäten mitbringen“ für das Amt des hauptamtlichen Superintendenten. „Wir können uns alle vier sehr gut vorstellen. Es ist wunderbar, dass wir wählen können, dass wir so gute Kandidaten haben.“ Es sei jedoch nicht Aufgabe des Nominierungsausschusses, Wahlempfehlungen abzugeben. „Jetzt ist die Synode am Zug und sonst niemand.“
Am 18. September wird es in Drabenderhöhe eine nicht öffentliche Synodalversammlung geben, auf der die rund 120 stimmberechtigten Synodalen die Kandidaten kennenlernen und befragen können. Gewählt wird auf der Herbstsynode am 16. November. Am 7. Februar wird Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Jürgen Knabe dann nach 19 Jahren im Superintendentenamt in der Wiehler Kirche verabschieden und den neuen Superintendenten einführen. Danach gibt es einen Empfang in der Wiehltalhalle.
Superintendent Knabe sagte den Synodalen, es sei auf der Herbstsynode 2018 richtig gewesen, sich für die Einrichtung einer hauptamtlichen, statt wie bisher einer nebenamtlichen, Superintendentenstelle zu entscheiden. Die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft müssten mit Zuversicht und aller Kraft angegangen werden.
Kirche auf dem Markt: Innovation, Mission und Kooperation
Knabe machte sich noch einmal stark für die Einrichtung einer Pfarrstelle „Kirche auf dem Markt“, über die auf der Herbstsynode abgestimmt wird. Die Inhaberin oder der Inhaber einer solchen Stelle solle die Gemeinden „neu theologisch und geistlich begleiten und vernetzen“. Denn nicht mehr jede Gemeinde könne künftig noch das Vollprogramm anbieten. Jede Gemeinde sei anders und müsse für sich entdecken, was sie mit ihren Gemeindegliedern leisten kann, um auch Menschen zu erreichen, die für Kirche nichts übrig zu haben. Dabei könne die Stelle „Kirche auf dem Markt“ helfen.
Wie eine solche Stelle aussieht und was sie bewirken kann, davon hatte Thomas Steinke, Pastor für Gemeindeinnovation in den Evangelisch-lutherischen Kirchenkreisen Bremervörde-Zeven und Rotenburg, auf dem Pfarrkonvent im Juni berichtet – unter dem Titel: "Frischer Wind auf dem Land – wie zwei Kirchenkreise zwischen Elbe und Weser versuchen, neue Haltungen einzuüben“. Steinke hat in der Hannoverschen Landeskirche eine Stelle, die der im Kirchenkreis geplanten Pfarrstelle "Kirche auf dem Markt" sehr nahekommt. Steinke stellte die Frage: „Warum sollen die Menschen eigentlich zu uns kommen? Doch nicht um die Kirchen zu füllen, sondern damit wir die Liebe Gottes weitergeben können.“
Die Stelle soll von einem Ausschuss begleitet werden. Jeder im Kirchenkreis, der sich für Innovation, Mission und Kooperation begeistere, könne Mitglied werden. „Wir müssen kreativ in die Gesellschaft hineinwirken. Wir müssen leidenschaftlich und konsequent Handeln im Sinne Gottes.“
Kitas in evangelischer Trägerschaft
Wichtiges Thema der Synode waren die evangelischen Kindertagesstätten im Kirchenkreis, bisher alle in Trägerschaft von Kirchengemeinden. Bisher fünf von 18 wollen in die Trägerschaft des Kirchenkreises wechseln. Dafür schuf die Synode mit einer neuen Satzung die rechtliche Grundlage. Die „Interessengemeinschaft Kindertagesstätten“ hatte den Wechsel angeregt, damit die Kitas in evangelischer Trägerschaft bleiben, auch wenn einzelne Gemeinden die Aufgabe der organisatorischen Betreuung nicht mehr leisten können. Pfarrer und Presbyterium bleiben weiter Ansprechpartner für die Eltern, die Gebäude bleiben ebenfalls im Besitz der Gemeinden, erläuterte Thomas Hildner, Leiter des Verwaltungsamtes der Kirchengemeinden.
Diakonie in der Region
Die Synodalen stimmten auch dem Antrag des Kreissynodalvorstands zu, weiterhin an den Beratungen des Konzepts „Diakonie in der Region“ mitzuarbeiten, um möglicherweise einer der Gesellschafter zu werden, wenn die „Diakonie in der Region gGmbH“ zum 1.1.2021 startet. Darüber soll auf der Herbstsynode entschieden werden. Sebastian Wirth, Leiter der bisherigen „Diakonie vor Ort“ und Georg Huber, Leiter des evangelischen Altenheims Bergneustadt, erläuterten das Modell einer Diakonie als größtem Pflegeanbieter in der Region. Alle Kirchengemeinden, die bisher schon die Trägerschaft für eine Diakoniestation übernommen haben, werden automatisch Gesellschafter der „Diakonie in der Region“ sein. Weitere Kirchengemeinden können und sollen dazukommen. Auch bei diesem Thema wurde deutlich gemacht: Nur in der Gemeinschaft können die Kirchengemeinden stark sein.
Jugendliche aus Indonesien noch eine Woche zu Gast
Wie ausstrahlungskräftig starke Gemeinden und ein starker Glaube sein können, zeigten die sangesfreudigen Jugendlichen aus den indonesischen Partnerkirchenkreises Medan Aceh und Dairi, die für zwei Wochen bei Gastfamilien im Kirchenkreis zu Gast sind. Sie erzählten vom Glaubensleben im muslimisch geprägten Indonesien und schwärmten unter anderem von den Tauchregionen ihrer Heimat: „Ich hoffe, Sie waren alle schon mal da.“ Am Montag wird die Jugendgruppe vormittags im Kreiskirchenamt zu Gast sein. Mittags besichtigen sie die Bunte Kerke in Lieberhausen und kehren dann im Gasthof Reinhold ein. Gäste sind willkommen.
Dass die Anforderungen in einer Gemeinde aber nicht nur mit Glauben, Begeisterung und Willen zu stemmen sind, machten einige Pfarrerinnen und Pfarrer deutlich in der Diskussion um Erteilung eines Auftrags zur Vakanzvertretung im Kirchenkreis. Es werde immer schwerer, Vertretungen oder Prädikantendienste zu organisieren. Die Synode stimmt schließlich für diesen Auftrag, der zu Hälfte von der Landeskirche bezahlt wird.
Die Herbstsynode 2019 findet am 15. und 16. November in Gummersbach statt. Jugendarbeit wird das Schwerpunktthema sein.
Medienecho
"Vier Kandidaten für die Knabe-Nachfolge", Oberberg Aktuell, 8. Juli 2019
www.ekagger.de | jth | Text: Judith Thies | Fotos: Kirchenkreis An der Agger/J.Thies, M. Kleinjung