Am ersten Advent füllte sich die Evangelische Kirche Gummersbach so, als ob schon Weihnachten wäre. Sehr viele Menschen wollten sich von ihrem Pfarrer Uwe Selbach verabschieden, der in den Ruhestand geht. Das zeige, dass Uwe Selbach immer „ein großer Beziehungsstifter“ gewesen sei, sagte Pfarrer Markus Aust in seiner Begrüßung. Er nannte Uwe Selbach einen "Brückenbauer, einen Friedensstifter, einen Freund". Der Gottesdienst wurde über den YouTube-Kanal der Gemeinde ins benachbarte Gemeindehaus übertragen. Auch dort feierten viele Menschen mit, die in der Kirche keinen Platz mehr gefunden hatten.
Erstmals nach sechseinhalb Jahren Renovierung hatten die Glocken der evangelischen Kirche am Vorband des ersten Advents erstmals wieder geläutet. „Was für ein Timing“, sagte Aust. Beim Einzug der Pfarrer gingen zwei Dudelsackspieler vor ihnen her und beeindruckten mit ihrem Spiel. Unter den vielen Gästen waren auch je eine Abordnung der Feuerwehr und des Schützenvereins Gummersbach. Die Beziehung zwischen Bürgergemeinde und Christengemeinde war Uwe Selbach immer wichtig, deshalb kamen auch Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein, der stellvertretende Landrat Professor Dr. Friedrich Wilke sowie Wiehls Bürgermeister und ehemaliger Gummersbacher Beigeordnete Ulrich Stücker an diesem Adventssonntagmorgen in die Kirche.
Die Kantorei sang unter anderem die erste Strophe des Adventslieds „Macht hoch die Tür“ unter der Leitung von Annette Giebeler, die zudem an der Orgel spielte. Um „Macht hoch die Tür“, genauer gesagt um den Text aus Matthäus 21, 1-11, ging es auch in der Predigt von Pfarrer Uwe Selbach. Beim Einzug in Jerusalem fragten die Menschen: „Warum kommt Jesus mit einem Esel?“ Der König, der wirklich Frieden bringe, komme nicht mit Tamtam und auf hohem Ross, sagte Selbach.
Macht hoch die Tür – dahinter steckt die Hoffnung auf den Friedensbringer
Dass der Friedenskönig komme, konnte man so sofort erkennen. Damals wie heute sei es unsere Aufgabe, der Welt immer wieder zu sagen: „Da ist er, dieser Jesus: Macht hoch die Tür.“ Unsere Gesellschaft erlebe Jahr für Jahr, wie vor Weihnachten alles bunt und leuchtend geschmückt werde. „Das Traurige an unserem christlichen Abendland ist, dass alle die weihnachtliche Vorbereitung bewusst miterleben und doch viele nicht wissen, wer Jesus Christus ist.“
Der erste Advent ist der Beginn des neuen Kirchenjahres. Anders als der Beginn des Neuen Jahres werde es still und ruhig begrüßt, nicht mit Feuerwerk, es brennt nur eine Kerze. Die Botschaft sei: „Dein König kommt, macht hoch die Tür“. Dahinter stecke eine große Hoffnung. Auch Christen wüssten nicht, was auf sie zukomme, so Selbach, aber „wir wissen, wer da auf uns zukommt: Jesus Christus, der als Friedensbringer zu uns gekommen ist!“ Der erste Advent stelle Menschen in den Strom der Liebe Gottes. „Ihr heller Schein möchte in unseren Alltag eindringen, und uns trotz banger Fragen zu leuchtendem Hoffen bringen.“
„Der Glaube geht durch den Magen“
Von 1995 bis 2024 war Uwe Selbach Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Gummersbach, unter andrem war er auch Assessor des Kirchenkreises. Neben der Seelsorge lag ihm besonders das Predigen am Herzen. In diesen Predigten habe er zum Glauben eingeladen und diejenigen gestärkt, die sich für ein Leben mit Jesus Christus entschieden haben, lobte Superintendent Michael Braun. Seit 50 Jahren habe Uwe Selbach Gott zum Thema seines Lebens gemacht und die wunderbare Gabe, die Menschen mit dem Herz zu erreichen, für seinen Dienst genutzt. Doch nun gehe es zunächst mit dem Wohnmobil im Frühjahr ab in die große Welt auf den Spuren von Paulus – deshalb überreichte Michael Braun dem scheidenden Pfarrer unter anderem ein Jerusalem-Buch. Aber kein Reisebuch, sondern ein Kochbuch, denn wie Selbach selbst gerne sage: „Der Glaube gehe oft durch den Magen“.
Vor 50 Jahren begann der Weg, auf dem Uwe Selbach Freundlichkeit und Barmherzigkeit geschenkt und viel von seiner Kraft gegeben habe. Darum forderte der Superintendent auf: „Jetzt könnten wir einmal das tun, was wir sonst nie tun bei einem Pfarrer“, und es folgte langanhaltender Applaus, sowohl in der Kirche als auch im Gemeindehaus und vielleicht auch zuhause an den Bildschirmen. Im Anschluss ging es ins Gemeindehaus zum weiteren Zusammensein beim Mittagessen, Grußworten unter anderem von Bürgermeister Frank Helmenstein und gemeinsamem Feiern bis in den Abend.
www.ekagger.de | Text: Vera Marzinski | Fotos: Kirchenkreis An der Agger/V. Marzinski