Die Evangelische Kirche im Rheinland und mit ihr der Kirchenkreis An der Agger werden sich in den nächsten vier Jahren deutlich verändern müssen. "Wir werden 2028 etwas kleiner sein, wir werden etwas weniger Geld haben, aber es wird uns gut gehen", sagte Oberkirchenrat Henning Boecker, Mitglied der rheinischen Kirchenleitung, in seinem Grußwort auf der Herbstsynode des Kirchenkreises An der Agger. Die rheinische Kirche werde sich in den nächsten Jahren auf Kernaufgaben konzentrieren: Seelsorge, Diakonie, christliche Erziehung und Bildung, Kirchenmusik und Mission. "Kasualien - Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Beerdigungen - sind unser Alleinstellungsmerkmal." Alles andere müsse auf den Prüfstein gestellt werden.
Corona seit 2020, Ukrainekrieg seit 2022, Gaza und Israel seit 2023 und der letzte Mittwoch mit der US-Wahl und dem Scheitern der Bundesregierung - all das führe zu einem Gefühl, auf schwankendem Grund unterwegs zu sein, sagte Superintendent Michael Braun in seinem Synodenbericht. "Selten in meinem Leben hatte ich so viele offene Fragen und so viele Sorgen." Angst mache einsam und deshalb sei die Kirche weiterhin wichtig, um mit Christus für Menschen da zu sein.
Beispielhaft für mutiges Handeln nannte Braun die Kirchengemeinden Wipperfürth und Klaswipper, die sich in einem erfolgreichen Fusionsprozess befinden. Die Gemeinden hätten sich zwei Jahre lang nach einer konflikthaften Situation den Aufgaben gestellt, neue Gottesdienstformen ausprobiert und seien so wieder attraktiv für Menschen geworden. Die Fusion zum 1.1.2025 sei beispielhaft für andere Gemeinden. Eine gut aufgestellte Gemeinde, die weiß, was sie will, sei auch attraktiv für Pfarrstellenbewerber.
Kirchen als Orte der Begegnung für Alle
Kirchen sollen Ort der Begegnung für Alle sein, sagte Michael Braun: raus aus der eigenen Informations- und Meinungsblase, aus der eigenen „Bubble“, hinein in die Begegnung mit anderen. Der Kirchenkreis habe bei der interreligiösen Gedenkfeier am 6.10. zum Krieg in Israel und Gaza gezeigt, dass Begegnung in der Kirche gelingen kann. "Es war für mich ein wunderbares Zeichen, dass es an diesem Tag möglich war, Juden, Moslems und Christen zu einem Gespräch in unsere Kirche einzuladen und miteinander diesen Abend zu verbringen." Das sei ein Zeichen für die Offenheit, Einmütigkeit und Gelassenheit gewesen, die "uns im Glauben und mit Gottvertrauen geschenkt ist. Wir begeben uns nicht in Abschottung und Trennung."
Kirche als Wanderung auf manchmal steinigem Weg
Am ersten Synodenabend hatten die Synodalen in Gruppen über Fragen der Gemeindearbeit diskutiert. Kirche als Wanderung war das Thema.
Was ist das Ziel?
Was brauchen wir?
Wer kann uns auf dem Weg helfen?
Was sind Schwierigkeiten auf dem Weg?
Ist der Weg der richtige?
In der Gruppenarbeit wurde deutlich, wieviel die Gemeinden voneinander lernen können. Gemeinden, die eine Fusion planen wie Engelskirchen und Ründeroth, können von Gemeinden wie Wiedenest-Derschlag oder Lieberhausen-Bergneustadt lernen. Die Gemeinde Wiehl hat am Sonntag ihr Gemeindehaus in Oberwiehl entwidmet. Ein solcher Schritt ist mit Schmerzen verbunden. Aus der Gemeinde Gummersbach kam die Bestätigung, dass ein solcher Schritt sehr schwierig sei und dazu führen könne, dass sich Gemeindeglieder zurückziehen. Der Verkauf des Gemeindehauses Steinenbrück sei weniger schlimm gewesen, als man Möglichkeit vereinbart habe, dort noch Gottesdienste zu feiern.
Wie können sich Kirchengemeinden verändern? Dieses Gespräch wird in den Gemeinden fortgesetzt.
Synodenbeschluss zur Unterstützung der VEM
Nach langer Diskussion hat die Synode beschlossen, die Zuschüsse für die internationalen Projekte der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) durch das Umlagesystem schrittweise bis 2028 auf Null zu senken. Ein Vorschlag des Verwaltungsausschusses, die Zuschüsse sofort zu beenden, wurde abgelehnt. Die VEM soll weiter von finanzstarken Gemeinden und durch Spenden in den Gemeinden unterstützt werden. „Wir wenden uns nicht gegen die Arbeit der VEM“, sagte Pfarrer Achim Schneider aus der Kirchengemeinde Marienhagen-Drespe. „Aber wir können die Umlage nicht mehr finanzieren. Das ist keine Streichung, sondern eine Verlagerung. Wir werden weiter spenden.“
Das Spendenaufkommen im Kirchenkreis An der Agger ist traditionell sehr hoch. Im vergangenen Jahr gab es in keinem anderen Kirchenkreis in der rheinischen Kirche ein höheres Pro-Kopf-Spendenaufkommen. Insgesamt wurden 17,78 Euro pro Gemeindemitglied gespendet: 1,3 Millionen Euro spendeten die evangelischen Christen im Oberbergischen, davon gingen 90 Prozent an Projekte außerhalb des Kirchenkreises.
Verwaltungsamtsleiter Thomas Hildner hatte am Vormittag den Haushaltsentwurf für 2025/2026 vorgestellt. Der Kirchenkreis An der Agger bekommt im Jahr 2025 für seine 22 Kirchengemeinden, die diakonischen Einrichtungen und die Verwaltung nur noch 16,3 Millionen Euro aus Kirchensteuermitteln statt 18,17 Millionen Euro im Jahr 2024. 79 Prozent davon erhalten die Kirchengemeinden. 21 Prozent erhält der Kirchenkreis. Für das Jahr 2025 sind dies für den Kirchenkreis 3,42 Millionen Euro. Das sind rund 400.000 Euro weniger als 2024.
NRW, bleib sozial - Demo am Mittwoch in Düsseldorf
Superintendent Michael Braun erinnerte daran, dass der Kirchenkreis 2005 schon einmal 20 Prozent seiner Haushaltsmittel einsparen musste. "Vielleicht ist das ein zyklischer Prozesse, dass man sich in regelmäßigem Turnus wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren muss." In seinem Superintendentenbericht rief er dazu auf, sich angesichts der Sparpläne der Landesregierung auch im Kitabereich und bei den Beratungsstellen an der Demonstration in Düsseldorf "NRW, bleib sozial!" am 13. November (Mittwoch, 13.11., 12.05 Uhr auf den Rheinwiesen) zu beteiligen.
Wahlen
Die Synode wählte turnusgemäß Mitglieder des Kreissynodalvorstands (KSV). Wiedergewählt wurde Pfarrer Andreas Spierling (Kirchengemeinde Lieberhausen-Bergneustadt) als Skriba. Der Skriba ist zweiter stellvertretender Superintendent. Spierling arbeitet seit 1992 im KSV mit. Wiedergewählt wurden auch Ekkehard Giehl aus Gummersbach und Jochen Nicodemus aus Denklingen. Neu im KSV sind Pfarrerin Kirsti Greier aus Marienberghausen, Stephanie Schönborn aus der Kirchengemeinde Wiedenest-Derschlag und Dirk Dombrowski aus der Kirchengemeinde Lieberhausen-Bergneustadt.
Neuer Umweltbeauftragter ist Walter Fresen aus der Kirchengemeinde Lieberhausen Bergneustadt neben Manfred Fischer. Zum Vorsitzenden des neuen Ausschusses für Verkündigung und Öffentliche Verantwortung wurde Pfarrer Dr. Oliver Cremer gewählt. Stellvertreterin ist Anneke Ihlenfeldt, Pfarrerin Auf dem Markt. Der Kirchenkreis An der Agger hat seine Ausschüsse auf der Sommersynode 2024 in Wiedenest neu geordnet.
Begonnen hatt der zweite Synodentag mit einer Andacht von Pfarrerin Jenny Caiza Andresen, begleitet von Pfarrerin Anja Karthäuser am Klavier.
KREISSYNODE "Fernglassynode": Gottesdienst gab zuversichtlichen Ausblick (10.11.2024)
KREISSYNODE Haushalt: Kirchenkreis übernimmt viele staatliche Aufgaben (10.11.2024)
www.ekagger.de | jth | Text: Judith Thies | Fotos: Kirchenkreis An der Agger/V. Marzinski