Direkt zur Hauptnavigation springen Direkt zum Inhalt springen Zur Unternavigation springen

Andacht: Kindliches Staunen

  • Andacht

„Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.“ Psalm 66,5. Eine Andacht für den Sonntag Septuagesimae in der Vorpassionszeit von Pfarrerin Silke Molnár

Die angeblich lustige Geschichte vom Hans-Guck-in-die-Luft aus dem „Struwwelpeter“ geht ja vergleichsweise glimpflich aus. Der unaufmerksame Junge mit der roten Schulmappe kommt dankbarerweise nicht zu Tode, sondern fällt lediglich ins Wasser und wird von den Fischen ausgelacht.

Warum? Weil er nicht gebeugten Hauptes auf seinen nächsten Schritt konzentriert war, sondern in der Gegend herumstaunte.

Wie jammerschade, dass das kindliche Staunen zeitweise derart in Verruf geraten war. Mühsam wollen es sich die meisten Erwachsenen wieder antrainieren. Mit Ratgeberliteratur wird fleißig die abhandengekommene Gedankenverlorenheit gesucht und das fröhliche Vertändeln geschenkter Zeit erneut gelernt. Ein Widerspruch in sich! Den Meisten ist unumkehrbar geschehen, was Joachim Ringelnatz so treffend dichtete:

„Das Sonderbare und Wunderbare

Ist nicht imstande, ein Kind zu verwirren.

Weil Kinder wie Fliegen durch ihre Jahre

Schwirren. – Nicht wissend wo sie sind.

Nur vor den angeblich wahren

Deutlichkeiten erschrickt ein Kind.

Das Kind muss lernen, muss bitter erfahren.

Weiß nicht, wozu das frommt.

Hört nur: Das muß so sein.

Und ein Schmerz nach dem andern kommt

In das schwebende Brüstchen hinein.

Bis das Brüstchen sich senkt

Und das Kind denkt.“

Der Wochenspruch kann kein Allheilmittel gegen das vernunftgesenkte Brüstchen sein. Aber wohl eine kleine Erinnerung daran, dass noch vor allem Denken und Fragen das Staunen kommt.

Im feierlichen Schöpferlob (Evangelisches Gesangbuch 331) steht es übrigens im Auftrage der Demut: „Vor dir neigt die Erde sich und bewundert deine Werke.“ Kommt also her und lasst eure angestrengte Konzentration auf den nächsten Schritt von Gottes Unbegreiflichkeit durchbrechen, die er doch unablässig an uns Menschenkindern wirken lässt. Amen.

Ihre 

Pfarrerin Silke Molnár 

Archiv: Silke Molnár wurde zur Pfarrerin ordiniert

Das Gedicht stammt aus: Ringelnatz, Joachim: „Doch ihre Sterne kannst du nicht verschieben“, In: Ders.: 103 Gedichte, Berlin 1933, S. 50-51.

Ihre Fragen und Anregungen

Wir laden Sie ein zum Kontakt unter andacht.anderagger@ekir.de

www.ekagger.de | jth | Fotos: Harald Hüster, Silke Molnár 

silke_Molnar_in_Ruenderoth.JPG

Silke Molnár ist seit Anfang des Jahres Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Holpe-Morsbach. Ordiniert wurde sie im Dezember in Ründeroth.

csm_2021_02_07_Silke_Molnar__d8fb5e7ba1.jpeg

Die Audio- und Videogottesdienste von und mit Silke Molnár sind auf der Homepage der Gemeinde jederzeit zu hören und zu sehen.